Quelle: Deutsche Bauzeitung, 60. Jahrgang, Nr. 9, 30. Januar 1926 und Nr. 18 vom 03. März 1926

Bebauungsplan für die Stadt Trautenau in Ostböhmen

von Magistrats-Baurat Meffert, Hannover

Trautenau, mit seinen 17 000 Einwohnern die größte Stadt Nordböhmens, gehört zu den vielen deutschen Gemeinden in der Tschechoslowakei, die sich zur Zeit zur Führung eines scharfen Abwehrkampfes zum Zwecke der Erhaltung ihres völlig urdeutschen Charakters gezwungen sehen.

Vor dem Weltkrieg war die Stadt von mehr als 90 v. H. Deutschen bewohnt; nach dem Umsturz hat die tschechoslowakische Regierung nichts unversucht gelassen, diesen Prozentsatz durch Zuführung von Militär, Beamten und Angestellten herabzudrücken; er ist auf etwa 82 v. H. gesunken.



Bild 1: Ringplatz mit Laubengängen in Trautenau

Diesen Maßnahmen gegenüber hat die Stadtverwaltung einen schweren Stand, den sie jedoch unter der tatkräftigen Leitung ihres temperamentvollen Bürgermeisters H. Siegel erfolgreich verteidigt. Von ihrer starken und sicheren Haltung gibt u. a. auch die Vorbereitung und Durchführung des Verfahrens zur Erlangung eines Bebauungsplanes ein deutliches Bild:

Der vorbereitende Wettbewerb war nur deutschen, in der Tschechoslowakei, Österreich oder Deutschland ansässigen Fachleuten zugänglich, die endgültige Planbearbeitung wurde dem reichsdeutschen Verfasser des mit dem I. Preis ausgezeichneten Entwurfes übertragen.

Die vorliegende Veröffentlichung darf daher wohl auf das allgemeine Interesse aller deutschen Fachkreise rechnen, die an dem Schicksal der jenseits des Riesengebirges lebenden Volksgenossen Anteil nehmen. Bemerkenswert ist außerdem die vorbildliche Durchführung des ganzen Verfahrens und auch die Art der Beschaffung der Planunterlagen auf neuem Wege.

Trautenau liegt am Fuße des Riesen- und Faltengebirges, etwa 430 m über N. N., in dem industriereichen Aupatale. Es ist bekannt als Hauptsitz der Leinenindustrie, ferner durch seine allwöchentlich stattfindenden Leinenmärkte (Garnbörse), außerdem als vielbesuchte Fremden- und Ausflugsstadt. Auch als Schulstadt genießt es in Ostböhmen einen guten Ruf.

Es ist gegründet um etwa 1100, wurde zur Stadt erhoben 1340 und hatte im Lauf der Jahrhunderte sehr stark unter Kriegen (30jährigen Krieg, 7jährigen Krieg, 1866) und anderen Schicksalsschlägen zu leiden; bekannt ist der zweitägige Kampf um die die Stadt umgebenden Höhen im Jahre 1866. Durch Feuersbrünste wurde die Stadt mehrere Male ganz oder teilweise heimgesucht; der letzte größere Brand im Jahre 1861 zerstörte fast die ganze innere Stadt.

Von allen Schicksalsschlägen hat sich Trautenau aber schnell wieder erholt und, namentlich infolge seiner blühenden Industrie, es zu einem kräftigen Aufschwung gebracht, der der eigentlichen alten Stadt verschiedene Vorstadtteile angliederte und allmählich den weiteren Aufschluss des ausgedehnten Stadtgebiets nötig machte.



Bild 2: Übersichtsplan der Stadt Trautenau mit Darstellung der Geländeformen.
(Mit Benutzung eines Planes des Institutes für Stereophotogrammetrische Vermessungen "Stereographik" G.m.b.H. in Wien.)

Über die Vorgeschichte und die Durchführung der Maßnahmen zur Erlangung eines einwandfreien Bebauungsplans gibt ein Bericht Aufschluss, den der um das Zustandekommen des Planes besonders verdiente Obmann der Bausektion, Stadtrat Ing. Franz Lohner, der Stadtvertretung im Februar 1924 nach Fertigstellung des Planes erstattete. Ein gekürzter Auszug aus dem Bericht folgt hierunter:

"Schon vor dem Kriege machte sich der Mangel eines neuzeitlichen Verbauungsplanes empfindlich geltend. Der alte aus dem Jahre 1877 stammende Plan entsprach längst nicht mehr den Anforderungen des modernen Städtebaues. Die Lösung auftretender Baufragen im Weichbild der Stadt stieß daher oftmals auf Schwierigkeiten und zeitigte manche Entscheidungen, die sich nachher als nicht glücklich erwiesen; auch die noch unverbauten Außengebiete erforderten eine Neubearbeitung, da sich herausstellte, dass die Straßenführung in diesen Stadtteilen vielfach ohne genügende Rücksicht auf das stark bewegte Gelände erfolgt war. Nach mehreren vergeblichen Versuchen in den Jahren 1914 und 1919 hatte ein Antrag der Bausektion im Jahre 1920 den Erfolg, dass zunächst eine Neuaufnahme des gesamten Stadtgebietes beschlossen wurde, um so die Grundlage für die Aufstellung eines großzügigen Verbauungsplans zu schaffen. Die Aufnahme wurde 1921/22 durch die "Stereographik-Gesellschaft" in Wien ausgeführt.

Auf Grund der so geschaffenen Unterlagen erfolgte im Januar 1923 die Wettbewerbsausschreibung mit dem Erfolg, dass 52 Arbeiten eingingen, unter deren Verfassern sich eine Reihe hervorragender Städtebauer befanden. Den 1. Preis erkannte das Preisgericht einstimmig dem Entwurf des Mag.-Baurats 0. Meffert, Mitarbeiter Architekt A. Venske in Hannover, zu. Die Stadtverwaltung beschloss, den Verfasser des mit dem I. Preis ausgezeichneten Entwurfs mit der Durcharbeitung des endgültigen Planes zu betrauen, unter Zugrundelegung des Wettbewerbsentwurfs und der in den übrigen preisgekrönten und angekauften Entwürfen enthaltenen guten Ideen.

Gemeinsam mit Stadtrat und Bausektion wurde der Plan durch beraten, jeder Stadtteil eingehend besichtigt und durchgesprochen, örtliche Verhältnisse berücksichtigt und in allen Teilen eine vollständige Übereinstimmung erzielt, so dass der nach einiger Zeit vorgelegte endgültige Plan glatt von der Stadtgemeinde genehmigt werden konnte.

Nach den Bestimmungen der Bauordnung für Böhmen wurde der gesamte Plan durch Kundmachung vom 22. Dezember 1923 öffentlich 4 Wochen lang für alle Interessenten ausgelegt.



Bild 3: Generalbebauungsplan für Trautenau.
(Übersichtsplan rd. 1 : 16500)

Der Erfolg der gründlichen und sachgemäßen Bearbeitung zeigte sich darin, dass im ganzen nur 6 Einwendungen eingingen, deren ordnungsmäßige Erledigung keine besonderen Schwierigkeiten bot."

Soweit der hier interessierende Auszug aus dem Bericht der Bausektion. Zu dem Plane selbst und den beigegebenen Abbildungen seien noch folgende Erläuterungen über die besonderen Verhältnisse gegeben:

Bei dem stark bewegten Gelände und den erheblichen Höhenunterschieden (90 m innerhalb des Plangebiets) war für die Planung die genaue Kenntnis der Bodenformen unerlässlich. Es standen Karten im Maßstabe 1:1000, 1:4000 und 1:10 000 zur Verfügung, erstere mit Einzeichnung der Höhenkurven in Abständen von 1 m. Diese Pläne waren aufgenommen durch die Filiale Wien der "Stereographik G.m.b.H." in München, und zwar nach dem Verfahren der terrestrischen Stereophotogrammetrie. Zur Aufnahme der etwa 590 ha großen Fläche waren 49 Stereostandpunkte nötig, die durch ein Trianguliernetz festgelegt wurden. (Arbeitsdauer 50 Tage einschließlich der Regentage.) Die nicht einsehbaren Räume, sowie verschiedene Einzelheiten wurden mittels Tachymetrie ergänzt. (Arbeitsdauer 70 Tage.) Der Stadtkern ist nicht neu vermessen, sondern nach einem vorhandenen guten Plan nur umkartiert werden.

Die Ausarbeitung der alten Stereoaufnahme, insbesondere der Höhenkurven, erfolgte in einem Orel-Zeiss´schen Stereoautographen, und zwar in dem Maßstab 1:1000; (Arbeitsdauer einschl. der tachym. Ergänzungsarbeiten: 219 + 53 Arbeitstage). Die Übersichtspläne wurden durch photographische Verkleinerung der Aufnahmepläne beschafft.

Verschiedene ausgeführte Vergleichs- und Kontrollaufnahmen von Höhenpunkten hatten gute Ergebnisse; das eingeschlagene Verfahren hat sich bewährt und kann für ähnliche Verhältnisse mit bewegtem Gelände empfohlen werden.

Die Lage der Stadt und die Geländegestaltung ist aus der Bild 2 (Übersichtsplan mit Darstellung der Geländeformen) ersichtlich, sowie aus den photographischen Aufnahmen Bild 4 und 5. Die Bild 1, zeigt den Ringplatz mit den ihn umgebenden Laubengängen, während in den Bild 6 - 9, Ansichten aus verschiedenen Stadtteilen wiedergegeben sind.



Bild 4: Blick vom Stadtteil Widmuth gegen Stadt und Stadtpark, im Hintergrund Gablenzhöhe und Kapellenberg.




Bild 5: Blick vom Stadtpark gegen Widmuth und Roter Berg. (Aufnahmen der "Stereographik" G.m.b.H. in Wien , 1921.)





Bild 6: Blick vom öffentlichen Platz oberhalb Augarten auf Altstadt, Dekanalkirche und Stadtpark.


Bild 7: Aupa mit Uferstraßen.


Bild 8: Siedlung am Widmuth-Hang.


Bild 9: Straßenbild der Siedlung am Widmuth-Hang.

Mitten durch das Plangebiet erstreckt sich das von der Eisenbahn durchzogene Aupatal; Bahnverbindung besteht in östlicher Richtung mit Parschnitz (Schlesien), westlich mit Prag, nördlich mit Freiheit-Johannisbad. Aupa und Bahn trennen das Stadtgebiet in zwei Teile. Im südlichen Teil liegt auf einer etwas vorgeschobenen Nase des Kapellenbergs die Altstadt, südlich davon der bewaldete Gablenzberg, Kapellenberg mit Stadtpark, Knebelsberg, östlich der Vorort Krieblitz, westlich die sogen. Ober-Vorstadt.

Im Aupatal selbst, etwa im Zentrum des Plangebiets ist der Bahnhof angeordnet, östlich davon liegt die Nieder-, westlich die Mittel-Vorstadt, weiter talaufwärts der Vorort Niederaltstadt.

Den nördlichen Teil des Plangebiets nimmt der Stadtteil Widmuth ein, hinter dem freies Feld sich bis zur Höhe des Roten Berges erstreckt. Der bewaldete West-, Nord- und Nordosthang des Roten Berges fällt stark gegen das Aupa- bzw. Neuhofer Tal ab.

Bei der Aufstellung des Bebauungsplanes waren hauptsächlich folgende Programmpunkte zu beachten:
Regulierung der Altstadt und der anschließenden bebauten Stadtteile unter möglichster Rücksichtnahme auf die bestehenden Straßenzüge, besonders auf die Laubenanlagen am Ringplatz und dessen Umgebung;



Bild 10: Jetziger Zustand der Umgebung des Brückenplatzes.




Bild 11: Skizze fpr die Bebauung des Brückenplatzes und des Burgberges.

Aufschluss des Stadtteils Widmuth zu einem vorbildlichen Wohnviertel in vorwiegend offener Bebauung, Aufschluss des bisher unverbauten Teils der Obervorstadt für Wohn- und gewerbliche Zwecke verschiedene Art unter Anordnung eines Vorortbahnhofes, Vergrößerung des bestehenden Friedhofes,

Ausbau der bestehenden und Schaffung neuer zweckmäßiger Verkehrsbedingungen zwischen den einzelnen Stadtteilen und mit der Umgebung,

Einordnung einer Reihe von öffentlichen Gebäuden und sonstigen Anlagen (Spielplätze, Badeanstalt, Grünanlagen usw.),

Aufstellung von Parzellierungsvorschlägen für bestimmte Gebiete, besonders das städtische Gelände oberhalb des Augartens, Planung einer Straßenbahn in den Richtungen Parschnitz, Freiheit und Weigelsdorf, Beachtung der zweckmäßigen Entwässerungsmöglichkeit.

Die Gesamtlösung ist aus Bild 3, (Genereller Bebaungsplan, Übersichtsplan entworfen in 1:4000) ersichtlich. Trotz der fehlenden Farbwirkung und der erheblichen Verkleinerung lässt die Wiedergabe doch die Wirkling des Verkehrsstraßennetzes, die Führung der einzelnen Straßenzüge unter Berücksichtigung der Geländekurven, die zusammenhängende Gestaltung der Grünanlagen, die Betonung hervorragender Geländepunkte durch entsprechende Baugruppen usw. gut erkennen. Bei der Planung der Verkehrsstraßen ist besonderer Wert gelegt auf Erzielung erträglicher Steigungen (im allgemeinen nicht über 1:20 oder 5 v. H.) auf möglichste Ausnutzung der Geländegestaltung und Vermeidung verlorener Steigungen.

Maßgebend für die Behandlung des Altstadtplanes, von dem Bild 15, a. f. S., einen Ausschnitt gibt, war der Wunsch, das alte Stadtbild in seiner Eigenart, seiner vorbildlichen Geschlossenheit und Klarheit zu erhalten und es als dominierenden Mittelpunkt des neuen größeren Gemeinwesens zu noch stärkerer Geltung zu bringen. Der dahin zielende wichtigste Vorschlag ist die Bebauung des hochgelegenen ehemaligen Burgbergs durch eine in Verbindung mit Kirche und Dechanei einheitlich entworfene, breit gelagerte Gebäudegruppe - Verwaltungsgebäude, Bibliothek. Museum -, die zusammen mit dem prachtvoll dominierenden Turm der Erzdekanalkirche eine Stadtkrone von imposanter Wirkung darstellt. Der mit Lauben umrahmte Innenhof dieser Gruppe ist mit dem einheitlich angelegten Laubensystem der Altstadt in Verbindung gebracht, das hier in der Stadtkrone seinen Höhepunkt und Ausklang findet (siehe auch Bild. 1 und Bild 12). Besonderer Beachtung bedurfte die Bebauung der Umgebung des Brückenplatzes. Den jetzigen Zustand zeigt Bild 10, die gedachte Bebauung mit der hoch gelegenen Stadtkrone ist skizzenhaft auf Bild 11 dargestellt.



Bild 12: Blick in den Laubengang an der Südseite des Ringplatzes.

Auf die einwandfreie Bebauung des am sogenannten Scharfen Eck gelegenen städtischen Geländes wurde von der Stadtverwaltung ebenfalls großer Wert gelegt. Es ist hier unter Ausnutzung der bestehenden Geländeverhältnisse und der Eigentumsgrenzen eine z-förmig gruppierte Mädchen-Doppelschule geplant mit gemeinsamer Turnhalle, getrennten Schulhöfen und terrassiertem Aufgang. Dem Vorschlag des Planes folgend, ist inzwischen durch den Architekt Prof. Max Kühn, Reichenberg (nach vorangegangenem engeren Wettbewerb unter heimischen Architekten), der zur Ausführung bestimmte Bauentwurf dieser Schulgruppe aufgestellt. Bild 16, gibt eine Photographie des von Prof. Kühn angefertigten Modell-Entwurfs.

Zu erwähnen ist noch die Anlage einer Badeanstalt, die an Stelle einer alten Fabrik im Aupatal entstehen soll mit anschließendem Freilicht- und Luftbad. Zur Erhaltung des prachtvollen Blicks von dem Vorplatz der geplanten Badeanstalt zur Erzdekanalkirche ist der zwischen Aupa und Werkgraben gelegenen Wiesenstreifen - einschl. des den Blick einrahmenden bewaldeten Steilhangs als dauernde Freifläche festgelegt. (Hierzu, sowie zu den Bildern 10/11 siehe auch den Planausschnitt Bild 15, a. f. S.). Auch der Bau eines Theaters, ein Neubau der Lehrerbildungsanstalt usw. sind vorgesehen, außerdem der Neu- bzw. Umbau einiger Brücken. Die weiter in der Umgebung der Altstadt getroffenen Maßnahmen interessieren in diesem Zusammenhang weniger.



Bild 13: Aufteilungsvorschlag für einen Teil der Ober-Vorstadt.




Bild 14: Bebauungsvorschlag für den Widmuth-Hang und das städtische Gelände oberhalb des Augartens.




Bild 15: Ausschnitt aus den Plan der Altstadt und Umgebung.

Bild 13, zeigt einen Aufteilungsvorschlag für den zwischen Prager Straße und Prager Eisenbahn gelegenen Teil der Obervorstadt mit geplanten Vorortbahnhof, Marktplatz, Ausnutzung einer charakteristischen Geländenase als Kirchbauplatz usw. Das umfangreiche Kasernengelände ist vom tschechischen Staat beschlagnahmt; dass die Stadt auf die Bebauung desselben leider keinerlei Einfluss hat, ist um so mehr zu bedauern, als die Gestaltung der auf einem Hochplateau liegenden Gebäudegruppen von wesentlicher Bedeutung im Stadtbild ist. Die bis jetzt ausgeführte Teilbebauung lässt städtebauliche Rücksichten gänzlich vermissen.

In Bild 14, ist die gedachte Bebauung des Widmuth-Hanges dargestellt. Sie erfolgt nach folgenden Grundsätzen: Aufschluss durch eine mit 4 bzw. 5 v. H. Steigung aufwärts führende Verkehrsstraße, die Anschluss an den Neuhofer Weg nimmt und von der alle (möglichst flach verlaufenden) Wohnstraßen zugänglich sind; abkürzende Wege für Fußgänger; lange, gut ausnutzbare Baublöcke; terrassenförmig über einander gelagerte Bebauung mit kräftigem Abschluss durch einen geschlossenen Block mit Kirche und Schule auf der Höhe; möglichste Erhaltung der prachtvollen Aussichtsstellen; Anordnung eines öffentlichen Platzes oberhalb des Hummelhofes und Augartens, über den ein die Hauptstraße abwärts kommender Beschauer einen prachtvollen Blick auf Altstadt, Kirche und Stadtpark hat.

Bild 6 gibt diesen Blick wieder; das öffentliche Gebäude links -- ein Bergrevieramt - ist bereits nach dem Vorschlag des Bebauungsplanes im Bau und ergibt einen erwünschten Rahmen für den erwähnten Blick. Bild 8 zeigt eine am Widmuth-Hang entstehende Siedlung, Bild 9 eine Straße aus derselben.



Bild 16: Modell der Schulhaustruppe am "Scharfen Eck".
Entwurf von Architekt Prof. Max Kühn, Reichenberg.

Die Entwicklung der Einzelbebauung oberhalb des Augartens zeigt allerdings die Notwendigkeit einer, einsichtsvollen und energischen Bauberatung; allzu nachgiebiges Eingehen auf mancherlei Einzelwünsche muss sonst zu einer Schädigung der Absichten des Bebauungsplans und des angestrebten einheitlichen Eindrucks führen.

Über die Wirkung des Bebauungsplanes im allgemeinen gibt die Fortsetzung des früher schon erwähnten Berichts der Bausektion Aufschluss, der auszugsweise hier folgen soll.

"Die Anlegung des Verbauungsplanes macht sich schon jetzt in außerordentlich günstiger Weise bemerkbar. Die Aufschließung des städtischen Besitzes oberhalb des Augartens hat den Beifall weiter Kreise gefunden, es sind eine Reihe von Bauparzellen verkauft, weitere Gesuche liegen vor, und es hat sich bereits eine rege Bautätigkeit entwickelt. Die Lösung der dringend notwendigen Schulbaufrage ist durch die geplante Platzgestaltung am Scharfen Eck der Verwirklichung näher gerückt; das auf Grund des Planvorschlags von heimischen Architekten aufgestellte Projekt wird demnächst vorgelegt werden und eine wesentliche Verschönerung des Stadtbildes bedeuten.

Die projektierte Anlage einer Parallelstraße zur Hohenbrücker Straße hat nach anfänglichen Widerständen nunmehr die einmütige Zustimmung aller Beteiligten gefunden, so dass heuer bereits die teilweise Bebauung dieser Straße erfolgen wird. (Anmerkung: Die Straße war als flacher Entlastungszug zu einem steilen, tief eingeschnittenen und deshalb im Winter wegen Schneeverwehung oft unbenutzbaren Teil der Hohenbrücker Bezirksstraße gedacht; die Anlegung begegnete anfänglich Schwierigkeiten, weil die Aufteilung in Bauplätze nach dem alten, wenig günstigen Bebauungsplan bereits erfolgt war. Umso erfreulicher ist die gelungene Durchführung.) An die wenigstens teilweise Eröffnung der verlängerten Kudlichstraße wird ebenfalls in absehbarer Zeit geschritten werden. Auch in anderer Hinsicht erweist sich der nunmehrige Lageplan als richtungsgebend, so insbesondere beim Ankauf von Grundstücken; er erleichtert in vielen Belangen die Beschlussfassung des Stadtrates und Gemeindeausschusses und ermöglicht erst eine vollständig objektive Beurteilung vieler Anträge". (Inzwischen sind noch weitere Bauabsichten nach den Vorschlägen des Plans verwirklicht worden, z. B. der Neubau des schon erwähnten Bergrevieramts.)

Der Bericht schließt mit der Feststellung, dass der fertiggestellte Plan allen gestellten Anforderungen entspricht und mit dem Ausdruck der Überzeugung, dass er noch in ferner Zukunft, wenn die Bebauung weit fortgeschritten sein wird, Anerkennung findet.

Erwünscht scheint nun noch, einige Worte über das Ergebnis des, der Planbearbeitung vorausgegangenen Wettbewerbes und über dessen Durchführung zu sagen, die sich vorbildlich von manchen deutschen Wettbewerben der letzten Jahre unterscheidet. Seine Durchführung lag in der Hauptsache in der Hand des Leiters des Städtischen Bauamts, des Herrn Baudirektors W. Hochberger, dem das Preisgericht besondere Anerkennung für die geleistete eifrige Vorarbeit aussprechen konnte. (Lobenswert zu erwähnen ist zunächst noch, dass die Stadtverwaltung ernsthaften Bewerbern die Unterlagen auf Wunsch kostenlos überlassen hatte gegen die Verpflichtung zur Ablieferung eines Entwurfs.) Bei Beginn der Beratung wurde festgestellt, dass sich das Preisgericht streng an die vom Österreichischen Ingenieur- und Architektenverein aufgestellten Grundsätze halten werde. Nach dreitägiger eingehender Prüfung beschloss das Preisgericht, an der Verteilung der ausgelobten drei Preise und 4 Ankäufe festzuhalten. Als Verfasser der entsprechenden Arbeiten ergaben sich:

1 Preis Preis "Klarer Aufbau", Stadtbaumstraße Otto Meffert, Hannover, Mitarbeiter Architekt Alf. Venske, Hannover;
2. Preis "Neues Leben", Architekt B. D. A. Wilhelm Kamper und Theodor Willkens, Köln;
3. Preis "Neue Stadt", Prof. Fritz Becker, Düsseldorf, Mitarbeiter Architekt Pape, Architekt von Tilnig, Düsseldorf;


1. Ankauf "Rübezahl hilf", Akad. Architekt Viktor Reiter und Ob.-Baurat Viktor Varowsky, Wien;
2. Ankauf "Traute", Ing. Emil Leo, Architekt G. D. A.. und W. B., Hochschulassistent, Brünn;
3. Ankauf "Bauen und wohnen", Arch. Dr. Ing. Frdr. Zotter, Hochschulassistent, Wien;
4. Ankauf "Der alten Leineweberstadt", Dr.-Ing. Ernst Vetterlein, ord. Prof. für Städtebau a. d. Technischen Hochschule Hannover; Mitarbeiter: Baumeister Franz Müller, Eichwald und Dr. Ing. Otto Blum, Prof. für Eisenbahnwesen an der Technischen Hochschule Hannover.

Nach Fällung dieses Schiedsgerichtsspruchs wurde einstimmig beschlossen, dem Stadtrat den Ankauf von drei weiteren Entwürfen in Vorschlag zu bringen in Berücksichtigung der darin enthaltenen vereinzelten guten Ideen.

Es sind dies:
"Altes ehret, Neues prüfet", Architekt Effenberg und Noppes, Reichenberg.
"Gigantea", Landeskonservator Kühn in Prag;
"Freiland" Stadtbaumeister Prochaska, Bodenbach.

Die Stadtverwaltung kam diesem Vorschlag nach, ging sogar noch darüber hinaus, indem sie noch zwei weitere Arbeiten ankaufte, und zwar:

"Zukunftsmusik", Architekt Prof. Bruno Möhring, Berlin;
"Urbin", Architekt Ratloff , Ratibor.



Bild 17; Entwurf "Neues Leben", 2. Preis, Verfasser: Architekt B.D.A. Wilhelm Kamper und Theodor Willkens, Köln.




Bild 18: Entwurf "Klarer Aufbau". 1. Preis. Verfasser: Reg.-Baurat O. Meffert. Mitarbeiter Architekt A. Venske, Hannover.




Bild 19: Entwurf "Neue Stadt". 3. Preis. Verfasser: Prof. Fr. Becker, Mitarbeiter Architekt Pape und von Tilnig, Düsseldorf.

Das Preisgericht konnte am Schluss seiner Beratungen mit großer Befriedigung feststellen, dass die Ausschreibung zu einem vollen Erfolg geführt hat. Dass die Stadtverwaltung in folgerichtiger Verwertung des Wettbewerbsergebnisses dem 1. Preisträger die Aufstellung des Ausführungsplans übertrug, ist bereits erwähnt. Um einen Vergleich der verschiedenen Auffassungen zu ermöglichen, werden in den Bild 17 -19, noch die drei preisgekrönten Wettbewerbsentwürfe zur Darstellung gebracht.

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